Etwa 40 Kinder von 9 und 10 Jahren stehen um den Sarkophag, in dem der Legende nach die sterblichen Überreste der Heiligen Afra ruhen. 304 kam sie in Augsburg unter die Räder der Christenverfolgung unter dem römischen Kaiser Diokletian.
Es ist eine etwas hektische Führung durch die Basilika St. Ulrich und St. Afra, denn der Bus der Schulklasse kam schneebedingt zu spät. Sie müssen aber auch schon früher als ausgemacht wieder weg. Außerdem werden grad die Christbäume angeliefert und unter dem Einsatz von Motorsägen passend gemacht. Doch jenseits aller Hektik und allen Lärms stehen die Kinder nun um den Steinsarg. Sie folgen der Aufforderung, die Hände aufzulegen und etwas von der Kraft der Heiligen mitzunehmen. Ob sie verstehen, wer oder was Afra damals befähigte, der Verfolgung standzuhalten und lieber in den Tod zu gehen, als ihren Herrn Jesus Christus zu verleugnen?
Die Frauen von der Initiative „Erlebnispädagogik in der Kirche“ sorgen dafür, dass Fundamente des Verstehens gelegt werden. Sie nehmen die Kinder spielerisch mit hinein in die frühen Jahrhunderte, als das Christentum ankam in Augsburg. Als erstes werden alle eingekleidet in eine römische Tunika, samt Stola, die mit einer Fibel befestigt wird. Dann erhalten alle einen römischen, gallischen, germanischen Namen und auf der Rückseite des Namensschildes steht der Beruf des Vaters. So ist Identifikation schon fast garantiert. Dann werden römische Kinderspiele gespielt, Holzreifentreiben, Nusszielwerfen.
Es gibt einen Tisch mit Utensilien aus dem damaligen Wirtschaftsleben und so können die Kinder sich zu den Berufen ihrer Väter melden und erhalten Infos dazu.
Schließlich gibt es noch einen Grundkurs Latein und auch ich darf zum ersten mal im Leben auf einem Wachstäfelchen schreiben. Wow!
Ich helfe beim Ausziehen der Tuniken, die Kinder verwandeln sich wieder in Kevin und Annika. Auch ich bin wieder Wolfgang und nicht mehr Amicatus, der Gewürzhändler.
Die Kinder haben was verstanden, mit allen Sinnen. Sie konnten in die Rolle von Kindern im 4. Jahrhundert schlüpfen, spielen wie damals, sich mit dem Schicksal von Afra verbinden. Es kommt auf Vergegenwärtigung an, auf mehr als intellektuelle Info. Das haben sie verstanden, die Erlebnispädagogen.
14. Dezember 2012 von Wolfgang