So das titelgebende Lied des Abends mit Protestliedern des 16. Jahrhunderts. Eine Paraphrase des Hohenliedes der Liebe aus 1 Kor 13, gedichtet von Ludwig Hätzer. Er wird auch als Autor der 1527 anonym erschienenen ersten Augsburger Täuferschrift vermutet: „Ein göttlich und gründlich Offenbarung von den wahrhaftigen Widertäufern, mit göttlicher Wahrheit angezeigt“. Etwa 30 Leute waren trotz des schwül heißen Abends ins Café Neruda gekommen, um den von Alexander Basnar aus Wien gesungenen Täuferliedern zuzuhören. Sogar die Einladung mitzusingen wurde angenommen.
Zwischen den Liedern berichtete Wolfgang Krauß über die Hintergründe und den Augsburgbezug der Texte und ihrer Verfasser. Auf den ersten Blick erscheinen die Lieder nicht als Protestsongs, auch wenn es ungewöhnlich ist, dass Hans Hut schon 1527 beklagt, dass der Mensch die Schöpfung bedroht und zu ihrer Bewahrung aufruft.
Sehr deutlich wird ein Lied von Hans Schiemer, der in drastischen Bildern die Verfolgung der Nachfolger Jesu beklagt. Die meisten Texte erscheinen dem heutigen Hörer zunächst einfach nur fromm. Doch sie wurden meist im Gefängnis im Passauer Schloss und in anderen Verließen gedichtet, überliefert von einer Gemeinschaft, die gegen die Gewalt und Unterdrückung durch die Herrschenden das Zeugnis geschwisterlicher Gemeinde setzte. Darin lag ihr Protest, sie trug die Vision der besiegten Bauern weiter und lebte untereinander, das was gesamtgesellschaftlich damals keine Chance hatte. Die lebendige Hoffnung auf das kommende Reich Gottes gab ihnen Kraft und Mut zum Überleben.
Hans Leupold, Vorsteher der Augsburger Täufergemeinde, am 25.4.1528 nach der Aushebung einer illegalen Osterversammlung hingerichtet, bittet in seinem Abschiedslied um Vergebung für seine Richter und Henker. Versöhnung mit Gott, das geht nicht ohne das Bemühen um ein versöhntes Verhältnis zu den Mitmenschen.
Auch nach dem fast 2 Stunden dauernden Programm blieben noch einige zusammen. – Damals wie heute bedeutet es viel, wenn wir die Veränderung, auf die wir hoffen, selbst beginnen miteinander zu leben.
Alexander Basnar, Protestliedersänger aus Wien, und Fikret Yakaboylu, Wirt im Café Neruda.
22. August 2013 von Wolfgang