„Für das soldatische Dienen“ verleiht Stabilisierungseinsatzminister Jung „im Namen aller Bürgerinnen und Bürger“ heute zum ersten Mal den neugeschaffenen deutschen Tapferkeitsorden. Ausdrücklich soll er nicht an das eiserne Kreuz erinnern, das auch für Hitlers Soldaten verliehen wurde. Sieht nur so ähnlich aus. Kanzlerin Merkel sagte, die heutige Verleihung gelte nicht nur den vier Soldaten, die bei einem Selbstmordanschlag Kameraden und afghanische Kinder zu retten versucht hatten, sondern ausdrücklich allen 260.000 Soldaten, die bisher in Auslandseinsätzen gedient hatten. Sie seien Botschafter unseres Landes und zeichneten ein außerordentlich positives Bild Deutschlands.
Es geht also nicht um vier Soldaten und darum, deren selbstlose Tapferkeit zu loben. Es geht darum, die globalen Einsätze aufzuwerten. Alle Soldaten, die bisher draußen unsere Interessen und unsere Sicherheit verteidigten. Egal ob sie nun tapfer waren oder in die Hosen geschissen haben oder beides. So sind die vier Soldaten, auch wenn sie nun geehrt werden, wieder nur Mittel zum Zweck.
Ein schöner immer noch aktueller Kommentar zu solcher Ordensverleihung findet sich im 1660 erstmals erschienenen Märtyrerspiegel. Thielemann van Braght schildert darin die Schicksale der gewaltfreien Märtyrer seit dem Kreuzestod Christi. Nicht die Mächtigen und die Siegertypen stehen im Zentrum der Geschichte, sondern diejenigen, die in der Nachfolge des Lammes selbst Leiden und Tod ertragen. Geschichtsschreibung von unten, lange bevor es diesen Begriff gab.
In seiner „Anrede an die Leser im Allgemeinen“ schreibt van Braght:
Man hat von jeher unter den Heiden den tapferen und siegesprangenden Kriegshelden, die ihr Leben in Feindesland auf’s Spiel gesetzt haben und den Sieg davon getragen haben, die größte und meiste Ehre erwiesen.
So hat der Ausgezeichnetste unter denen, die in Griechenland der Helden Lob beschrieben haben, nämlich Homerus, die Heldenthaten Ulysses in 24 Büchern gepriesen und mit vielen Lobsprüchen ausgeschmückt. Quintus Curtius hat die Thaten Alexandri, des Sohnes Philippi Macedonis, in 10 Büchern beschrieben, wie siegreich er Europa, Asia, India und die Länder gegen Morgcn an dem großen Weltmeere überwunden und unterjocht hatte, bis er endlich sein Leben in Babylonia endigte. Plutarchus hat ein großes Werk zum Lobe der durchlauchtigten und streitbaren Männer geschrieben; Titus Livius hat uns von den Römischen Helden berichtet, und wie rühmlich sich einige für Romuli Vaterland hervorgethan haben. Virgilius Maro und Andere lobten den Kaiser Augustus, welche Weise in allen Ländern, ja durch die ganze Welt, von jeher beobachtet worden ist und noch beobachtet wird. …
Aber nicht einer von diesen allen, wie groß, mächtig, streitbar und siegreich derselbe auch gewesen sein möchte, und mit welcher Ehre und Herrlichkeit er auch begrüßt worden wäre, könnte mit dem geringsten Märtyrer, der um das Zeugniß Jesu Christi willen gelitten, verglichen werden. … gleichwie auch der Streit, den sie führten, unendlich nützlicher, und ihr Sieg, wiewohl er von der Hand Gottes kommt, auch unendlich löblicher und würdiger gewesen ist.
Der blutige Schauplatz oder Märtyrer-Spiegel der Taufs-Gesinnten oder Wehrlosen Christen … 1660, Hrsg. von T. J. v. Braght, Elkhart 1870, S. 10f.
6. Juli 2009 von Wolfgang