
Hans Hut, Stich von Christoph van Sichem 1608
Heute vor 493 Jahren, also am 7.12.1527, wurde über Hans Hut in Augsburg zu Gericht gesessen. Das Gericht befand über die Schuld eines bereits Toten. Wegen Ketzerei und Aufruhr wird er zum Tod durch auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Das Urteil an seiner Leiche wird noch am selben Tag vollstreckt.
Womit hatte hatte er das verdient?
Womit hatte er das verdient? Was war geschehen? Schon seit 15.9.1527 lag Hut zusammen mit drei anderen religiösen Dissidenten gefangen im Augsburger Eisenhaus, heute Elias-Holl-Platz hinter dem Rathaus. Er gehörte zu den Augsburger Gartenbrüdern und -schwestern, auch Täufer oder Wiedertäufer genannt. Sie versammelten sich ohne Genehmigung der Obrigkeit in Häusern und Gärten und suchten miteinander den Weg der Nachfolge Jesu zu gehen. Solch selbstbestimmtes staatsfernes Kirchesein missfiel dem Stadtrat, zudem hatte es in Augsburg im August 1527 ein überregionales Treffen der Täuferbewegung gegeben. Das war nicht unbemerkt geblieben. Einige Tage vor dem 7.12.1527 hatte es in Hans Huts Zelle gebrannt. Am Nikolaustag war er an den Folgen der Rauchvergiftung gestorben. Aus den städtischen Quellen erfahren wir, er habe den Brand selbst gelegt, um im Durcheinander der Löscharbeiten fliehen zu können. Täuferische Geschichtsschreiber berichten, er sei in strengem Verhör gefoltert worden und man habe ihn bewusstlos ins Stroh gelegt. Ins Stroh sei auch eine Kerze gestellt worden.
Wer war Hans Hut?
Wer war Hans Hut? Geboren etwa 1490 in Haina, war er Mesner in Bibra, als reisender Buchhändler mit reformatorischen Schriften unterwegs. Ein Freund Thomas Müntzers und mit ihm dabei bei der Niederlage der Bauernbewegung in der Schlacht bei Frankenhausen 1525. Wie Tausende Bauern, Handwerker, Tagelöhner, Knechte und Mägde, viele Intellektuelle hatte er große Hoffnungen gesetzt auf die Bewegung der Bauern: politische Mitbestimmung, soziale Gerechtigkeit, religiöse Freiheit schienen möglich. Doch die Reaktion der Fürsten und ihre überlegene militärische Macht ließen alle demokratischen Hoffnungen und Träume platzen. Hans Hut stieß in Augsburg zur Täuferbewegung. Hier fand er eine Gemeinschaft, die seine Hoffnungen bewahrte. Bis zu 1000 Gartengeschwister soll es gegeben haben. Eine Minderheit unter vielleicht 30.000 Einwohnern. Für Hut der Anfang einer neuen Gesellschaft. Er machte Augsburg zum Ausgangspunkt seiner Reisen bis nach Mähren. Und überall predigte er die bevorstehende neue Welt, rief die Menschen zur Umkehr hin zum kommenden Reich Gottes. Die Enttäuschung über die Niederlage der Bauern verwandelte er in umso größere Erwartung des kommenden Tages des Herrn. Die Pfingsttage 1528 sollten die Entscheidung bringen. Dann würde der Herr wiederkommen und an der Spitze der Himmlischen Heerscharen Gerechtigkeit und Frieden bringen. Auch den Christen werde dabei das Schwert in die Hand gegeben und die Türken wären auch mit im Bunde. Anders als im Bauernkrieg solle man aber nicht selbst aktiv werden, sondern geduldig warten auf das himmlische Signal. Bis dahin sei gewaltlose Nachfolge Jesu angesagt.
Das Scheitern einer Vision
Hut erlebte das Scheitern seines Zeitplanes nicht. Der Augsburger Stadtrat und sein Sekretär Conrad Peutinger verstanden Huts eschatologische Vision als kaum verhüllte Pläne zu einem neuen Aufstand. Der Bauernkrieg war erst 2 Jahre her. In zahlreichen Verhören mit verschiedenen Stufen der Folter wollten die Augsburger Richter ihm Details der Aufstandspläne entlocken. Hut besteht darauf, doch nur die Schrift ernst zu nehmen.
Auch wenn er sich im Zeitrahmen geirrt hat, Hans Hut und andere Täufer hatten eins begriffen: Eine andere Welt ist möglich. Sie waren empfänglich für diese Vision, weil sie in einer Welt der Ungerechtigkeit und der Leibeigenschaft hungerten nach Gerechtigkeit. Sie hatten, manche meinten kurz vor dem Ziel, ihre eigene Machtlosigkeit erfahren. Angesichts des Scheiterns der Bauernbewegung zogen sie den Schluss, nur Gott kann es schaffen.
Und wir heute? Nur Gott machen lassen?
Wie gehen wir heute angesichts der auf uns zukommenden Klimakatastrophe, des weltweiten Artensterbens und weiterhin vorhandener Bedrohung mit nuklearem Overkill mit den apokalyptischen Szenarien der Bibel um? In einer Predigt zu Jakobus 5, 1-11 „Haltet geduldig aus bis zur Ankunft des Herrn! … Macht euer Herz stark, denn die Ankunft des Herrn steht nahe bevor“, hörte ich letzten Sonntag den Satz: „Wie immer wir uns das vorstellen.“ Ausdruck der Verlegenheit gegenüber diesem wichtigen Teil der Frohen Botschaft?
Flüchten wir uns in eschatologische Phantasien wie Hasn Hut? Was können uns die Zukunftsvisionen von der nahen Ankunft des Herrn heute sagen angesichts der sich zuspitzenden ökologischen Krise. Wie wird Gott heute gegenwärtig? Was hat das mit unserem Handeln als Christen und Kirche zu tun? Sollten Gott und Mensch nicht zusammenarbeiten? Wie soll diese Zusammenarbeit aussehen in einer komplexen globalisierten Welt? Apokalypse heißt Enthüllung, Aufdecken, Demaskierung. Was will uns die Johannesapokalypse enthüllen, wenn wir sie nicht als Zeitplan lesen, sondern als Analyse des Imperium Romanum, einer globalisierten Welt vor 2000 Jahren?
Ein Loblied auf den Schöpfer und die Schöpfung von Hans Hut
7. Dezember 2020 von admin