Am Sonntag 15.2.09 ist Gene Stoltzfus, Gründer und langjähriger Direktor von Christian Peacemakerteams (CPT), zu Gast im Gottesdienst unserer Mennonitengemeinde in Bammental. Er erzählt den Kindern, wie eine Gruppe inhaftierter Bootsflüchtlinge über Wachpersonal, Gefängnismauern und -zäune hinweg gesegnet werden konnte. Eine CPT-Gruppe betete vor dem Gefängnis, segnete kleine Seifenblasendosen und schickte dann Tausende in allen Regenbogenfarben schillernde Segensseifenblasen in das Gefängnis. Die Kinder durften solch Segnen gleich in der Gemeinde ausprobieren. – In einer eindrücklichen Predigt bekräftigte Gene das Verständnis der Apostel-geschichte und der apostolischen Briefe, dass Christen ein Volk „auf dem Weg“ sind. Beispiele aus der Arbeit von CPT verdeutlichten, dass das auch heißt, sich Unrecht und Unfrieden in den Weg zu stellen.
Am Montag bin ich dann mit Gene in Heidelberg unterwegs. Schwerpunkt der Stadtführung ist Krieg und Frieden. Wir besichtigen u.a. die Ende des 2. Weltkrieges noch von der deutschen Wehrmacht zerstörte alte Brücke, was die US- Truppen nicht aufhalten konnte; die am 9.11.1938 niedergebrannte Synagoge und schließlich das US-Hauptquartier in der Römerstraße, seit 1945 in den Gebäuden der ehemaligen Wehrmachtskaserne „Großdeutschland“.
Vor dem Haupteingang werden wir erst von einem deutschen Wachmann, dann von zwei US-Militärpolizisten angesprochen, ein riesiger Soldat und eine kleine Soldatin. Gene wird vorgeworfen, er habe das US-Hauptquartier und die gegenüberliegende Kapelle des Mark-Twain-Village fotografiert. Er wird mit mir zusammen in das Wachhaus am Eingang gebracht und dort mehr als eine Stunde festgehalten. Unzählige Fragen zur Person werden gestellt. Gene muss den Vorfall schriftlich schildern, er weigert sich jedoch die Wahrheit seiner Schilderung zu beschwören. Mt 5, 34. Die Kamera wird ihm weggenommen und die Bilder des Hauptquartiers gelöscht. Zwei von der MP herbeigerufene deutsche Polizisten beschränken sich auf eine Beobachterrolle. Nach kurzer Zeit jedoch ruft einer der beiden überrascht: Aber das ist doch der Mann aus der Zeitung. Mennonite oder so. – Was, sage ich, ist er schon in der Zeitung? – Samstag erst hatte ihn eine Journalistin der Rhein-Neckar-Zeitung interviewt. – Ich schlage die im Wachhäuschen liegende Zeitung auf. Tatsächlich Seite 7 die fette Schlagzeile „Der Friedensstifter hat die Angst vergessen“ und daneben ein großes Bild von Gene mit dem eindrücklichen langen weißen Bart. Die MP lässt sich von der plötzlichen Prominenz ihres „Gastes“ nicht beeindrucken. Auch als sie bei der Befragung langsam herauskriegen, dass es sich um einen Pazifisten und Friedensstifter handelt, legt sich ihr Misstrauen nicht. Nach Löschung der Fotos und der Frage auch an mich, ob und wo ich Tätowierungen und Narben am Körper trage, lassen sie uns schließlich laufen.
Wir fahren zurück in die Stadt und essen im Kaufhof-Restaurant hoch über dem Bismarckplatz. Ich erzähle Gene von den Kriegen, mit denen Bismarck das preußische Gebiet abrundete und die preußisch dominierte deutsche Einheit durchsetzte. Eine Frau am Nachbartisch liest die RNZ. Sie schaut auf, schaut wieder auf und spricht schließlich Gene an: Sind Sie nicht der aus der Zeitung? Sie sprechen eine Zeitlang über CPT. Die Frau ermutigt Gene, weiter zu machen mit dieser guten Arbeit und lässt ihm schließlich die Zeitung da.
Inzwischen hab ich die Vorgänge am Hauptquartier schon vielen erzählt. Ein Amerikaner sagte: In der Zeit hätten sie auch Terroristen fangen können.
25. Februar 2009 von Wolfgang