Die ägyptische Freiheitsbewegung hat den Diktator vertrieben. Sie wird einen langen Atem brauchen, um eine neue gerechte und demokratische Gesellschaft zu schaffen.
Noch schlimmer als die vielfach peinlichen Reaktionen der deutschen und anderer Regierungen fand ich die Reaktion der israelischen Regierung. Es scheint da keinen anderen Horizont zu geben als die Angst um die eigene Sicherheit.
Es war doch klar, dass Mubarak angesichts dieser Massenproteste nicht zu halten war. Warum dann bis zuletzt das Festhalten an ihm? Ja, er war ein verlässlicher Friedenspartner, aber es war ein kalter Friede und ein von Mubarak dem ägyptischen Volk nicht kommunizierter Friede. Das Gerede von Israel als „einziger Demokratie“ im Nahen Osten entlarvt sich als Ideologie, wenn wie geschehen dem Freiheitsstreben des Nachbarvolkes unterstellt wird, es führe unweigerlich in islamistische Tyrannei, die wiederum Israel bedrohe. Araber seien gar nicht fähig zur Demokratie.
Es wäre realpolitisch klug gewesen und vielleicht ist es noch nicht zu spät dafür, eine sorgsam abgewogene Erklärung herauszugeben: Israel wünsche der Freiheitsbewegung, dass sich deren Hoffnungen erfüllen mögen und dass sie Erfolg habe auf dem Weg zu Demokratie, Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit. Israel hoffe, dass ein demokratisches Ägypten zu einem echten Friedenspartner werde. Aber zu einer solchen Friedenserklärung ist diese israelische Regierung wohl kaum in der Lage.
„Zu der Zeit wird eine Straße sein von Ägypten nach Assyrien, dass die Assyrer nach Ägypten und die Ägypter nach Assyrien kommen und die Ägypter samt den Assyrern Gott dienen. Zu der Zeit wird Israel der Dritte sein mit den Ägyptern und Assyrern, ein Segen mitten auf Erden.“ Jesaja 19,23f
Ein verblüffender Text, eine unerfüllte Profetie im Buch Jesaja: Israel als der Dritte im Bund mit Syrien und Ägypten. Die Ereignisse der letzten Wochen in den arabischen Ländern sollten uns vorsichtig umgehen lassen mit dem Wort „unmöglich“.
„Zu der Zeit wird Israel der Dritte sein zwischen …“, in Jes 19 und an anderen Orten der biblischen Überlieferung kommt die Rolle eines Mittlers ins Spiel. Jesaja 2/Micha 4 zeichnet Gott als Mediator in den Konflikten der Völker und sieht darin eine Voraussetzung, dass sie das Kriegführen nicht mehr lernen. In Jesus Christus kommt der große Mediator zwischen Mensch und Gott und unter den Menschen (Eph 2). Mediation als alternative Methode im Streit der Menschen hat tiefe biblische Wurzeln.
Dass inmitten einer Gerichtsdrohung an Ägypten eine Segensverheißung für Ägypten, Assur und Israel steht, ob das auch für die aktuelle Nahostpolitik ausbuchstabiert werden kann?
„Denn der HERR Zebaoth wird sie segnen und sprechen: Gesegnet bist du, Ägypten, mein Volk, und du, Assur, meiner Hände Werk, und du, Israel, mein Erbe.“ Jesaja 19,25
Nichts braucht Israel mehr als diesen Segen Gottes, damit es selbst zum Segen wird, wie es seiner Berufung entspricht.
14. Februar 2011 von Wolfgang