Nikolaustag, Dienstag 6.12.2016, 18 Uhr, Erinnerung an Hans Hut
Elias-Holl-Platz, hinter dem Rathaus, damals „Eisenhaus“ (Stadtgefängnis)
Augsburg 6.12.1528. Der Täuferprediger Hans Hut stirbt im Gefängnis. Todesursache Rauchvergiftung nach einem rätselhaften Brand in seiner Zelle. Aus den städtischen Quellen erfahren wir, er habe den Brand selbst gelegt, um im Durcheinander der Löscharbeiten fliehen zu können. Ein täuferisches Geschichtsbuch berichtet, er sei bei strengem Verhör gefoltert und bewusstlos wieder in den Turm gelegt worden. Dort sei dann eine Kerze ins Stroh gestellt worden. – In einer makabren Gerichtsverhandlung wird über seiner Leiche das Todesurteil gesprochen. Am 7.12.1527 wird das Urteil auf dem Scheiterhaufen an seinem Leichnam vollstreckt.
Die andere Reformation in Augsburg
Mit dem Gedenken startet eine Veranstaltungsreihe zur „Anderen Reformation in Augsburg“ im Rahmen der Erinnerung an „500 Jahre reformatorischer Bewegung, 1517-2017“
Taufe als Zeichen der Entscheidung
Gartengeschwister wurden sie in Augsburg genannt. Zwischen 1526 und 1528 sollen es um die 1000 Brüder und Schwestern gewesen sein. Von ihren Gegnern als Ketzer, Aufrührer, Wiedertäufer, Schwärmer, Himmelsstürmer, neuer Tauforden oder neue Möncherei diffamiert, bezeichnet die historische Forschung sie heute als Täuferbewegung. Sie übten Kritik an der Säuglingstaufe und wollten wie die frühe Kirche nur Erwachsene taufen. Die Taufe sahen sie als Zeichen der Entscheidung, Jesus nachzufolgen. Dass viele der Obrigkeit wegen der von Jesus gebotenen Feindesliebe den Waffendienst verweigerten, machte sie bei den Mächtigen nicht beliebter. Vom Augsburger Stadtrat und der offiziellen Reformation in den Untergrund abgedrängt, wurden sie schließlich gewaltsam aus der Stadt vertrieben. Fast überall im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation waren sich die entstehenden lutherischen und reformierten Kirchen mit der katholischen Kirche und den jeweiligen Landesherren einig: Die Täufer gehören als „Aufrührer“ und „Gotteslästerer“ kriminalisiert, verfolgt und vernichtet. Luthers Mitarbeiter Melanchthon verdammte die „Wiedertäufer“ im Augsburger Bekenntnis in vier Artikeln. Ein gemeinsames Feindbild sollte Brücken bauen zur katholischen Religionspartei. In Gutachten empfahl Melanchthon den Obrigkeiten die Todesstrafe für „halsstarrige“ Täufer. Ihre Verfolgung war sozusagen die erste „ökumenische“ Aktion nach der Kirchenspaltung.
Augsburg, Zentrum der Täuferbewegung
Augsburg war neben Straßburg Hauptzentrum der Täuferbewegung. Erst seit 1926 gibt es in Augsburg eine Mennonitengemeinde, benannt nach dem niederländischen Prediger Menno Simons, 1496-1561, steht sie in der täuferischen Tradition. Auch die im 19. Jahrhundert entstandenen Baptisten- und freien evangelischen Gemeinden verdanken Taufverständnis und andere Impulse der Täuferbewegung. Ebenso die Anfang des 20. Jahrhunderts entstehenden Pfingstgemeinden und andere freie Gemeinden.
Wenig war bisher in den Jubiläumsveranstaltungen zu 500 Jahre Reformation von diesem damals unterdrückten Flügel der Reformation die Rede. Das soll sich für Augsburg ändern. Religions- und Gewissensfreiheit stehen zwar im Grundgesetz und sind hierzulande weitgehend gewährleistet. Doch in vielen Ländern werden Christen u.a. religiöse Minderheiten verfolgt. Auch in Deutschland sind, wenn vom „bedrohten christlichen Abendland“ die Rede ist, gefährliche Töne zu hören.
Heutige und zukünftige Herausforderungen
Beginnend am 6.12.2016 möchte eine Veranstaltungsreihe an die Anfänge der Täuferbewegung erinnern und nach heutigen und zukünftigen Herausforderungen fragen. –„Komm, folge mir nach!“ lautet die herausfordernde Einladung Jesu seit bald 2000 Jahren. Im Ruf nach Kirchenreform wurde sie vor 500 Jahren neu gehört. Wie antworten wir auf diesen Ruf heute?
29. November 2016 von Wolfgang