Endlich kann ich letzte Woche eine erste Etappe des Donauradweges unter die Räder nehmen. Zugegeben, eine recht kurze Strecke, nur wenig mehr als 30 km. Nach einer Tagung im Haus der Dillinger Franziskanerinnen, mit Gepäck und bei völlig verhangenem Himmel ist es nicht gerade eine Traumstrecke, zumal der Weg nur selten an der Donau direkt verläuft, immerhin aber über das Schlachtfeld des spanischen Erbfolgekrieges. Der radfahrende Tourist wird mit ansprechenden Schautafeln über diese große europäische Schlacht informiert. 14.000 Tote waren das Ergebnis vor 311 Jahren. Gruselig und lange her dieser „erste Weltkrieg“, der von Frankreich und Bayern gegen Österreich und England gekämpft wurde. Weltkrieg, weil auch Holland, Preußen, Dänemark, Württemberg, Braunschweig und Hessen-Kassel auf englisch-österreichischer Seite in den Krieg zogen und es sogar in Nordamerika Kämpfe gab. Wieviele Opfer wird der aktuelle Krieg gegen den Terror kosten? Gerade von Frankreich ausgerufen, soll auch Deutschland nach dem Willen der Großen Koalition sich beteiligen. Hat nicht der alte Krieg gegen den Terror nach 9/11 bewiesen, dass Terror durch Krieg nicht zu besiegen ist? Warum fallen die Mächte in Ost und West auf die Provokation der terrorISten herein? Nun darf IS Kriegspartei sein!
Auf dem Weg durchs breite Donautal komme ich an vielen einsamen Höfen vorbei, hier Schwaige genannt. Von Dillingen bis Donauwörth begegne ich keinem anderen Radfahrer, ich bin ganz alleine unterwegs. Das Gegenteil von Saison auf dem sonst oft überlaufenen Donauradweg. Um das Hofgut Bäldleschwaige plötzlich steigt das Verkehrsaufkommen, doch nicht Radfahrer kommen mir entgegen, sondern PKWs. Hunderte und ein halbes Dutzend Reisebusse belegen den großen Parkplatz.
Ein Feuer lodert in einer Blechtonne und wird neu gefüttert. Dann die Ursache des Auftriebs: viele Buden, lichtergeschückt, Weihnachtsmelodeien ausstoßend, auch die typischen Gerüche eines „Christkindlesmarktes“ Bratwurst, Glühwein, Waffeln kandierte Mandeln. So fest ich kann, trete ich in die Pedale, denn hatte es in den Medien nicht geheißen, gerade die Weihnachtsmärkte könnten jetzt Ziel der terrorISten sein? Auf dem Augsburger Weihnachtsmarkt wurde ein Kinderkarusell angezündet. Nichts wie weg! Mit Bratwürsten und Waffeln will ich nicht in Stücke gerissen werden. Endlich habe ich einen vernünftigen Grund, Weihnachts- und ChrISstkindlesmärkte zu meiden. Die letzten Jahre war es nur meine alle Jahre sich steigernde Weihnachtsmarktallergie. Ein Stigma, das mich in den Augen vieler asozial aussehen ließ. Nach wenigen hundert Metern kann ich vom breiten Weg des Marktes abbiegen und weiter radeln in den dämmriger werdenden Abend.
3. Dezember 2015 von Wolfgang