Mein Aufenthalt in Augsburg hat einen schwierigen Abschluss: EC 316 kommt mit einem Ersatzzug und 40 min Verspätung in Augsburg, natürlich ist mein Anschluss in MA weg. ich komme zwar noch nach HD, aber von dort nur mit mehr als 1 h Aufenthalt in meinen „Heimathafen“ Reilsheim. Statt 21.51 wäre ich erst 23.28 zuhause. Aber meine liebe Frau wird mich in HD abholen.
Ansonsten war heute ein recht erfolgreicher Tag. Gestern nacht hatte ich schon von einem Straßenverkäufer die Augsburger Allgemeine gekauft und mir die Wohnungsanzeigen angesehen. Es war einiges dabei an interessanten und finanzierbaren 1- und 2-ZW. Ich telefonierte und im Laufe des Vor- und Nachmittags besichtigte ich einige Wohnungen. Am Vormittag nahm ich jedoch schwerpunktmäßig auch an den Protesten gegen den Neonaziaufmarsch teil. Da waren zum einen Veranstaltungen auf vielen Plätzen der Innenstadt, verschiedene Organisationen, Kirchen, Parteien von CSU bis Die Linke und MLPD riefen die Bevökerung auf, Präsenz zu zeigen und die Stadt nicht den Nazis preiszugeben. Die Hauptkundgebung war auf dem Rathausplatz mit Reden von OB Gribl, KulturBM Grab etc. Auch eine Rockband, eine Teenietanzgruppe etc. traten auf. Soweit so gut. Doch alles weit ab von der braunen Truppe, die von massivem Polizeieinsatz auf ihrem vorgeschriebenem Weg gehalten wurde. Vom Jakobertor wurde losmarschiert Richtung Perlachberg und Kennedyplatz. Durch massive Polizeisperren mogelte ich mich zum Jakobertor. Dort hatten sich kleine Gruppen von Antifaschisten zunächst unsichtbar gemacht, dann traten sie auf, mutig manchmal nur 2 Leute mit Schildern „Nazis raus“. In nächster Nähe machten sie deutlich, diese unbelehrbaren Leute sind in Augsburg unerwünscht.
Ich fand es gut, dass dieser Protest den Nazis optisch und akustisch auch direkt ins Gesicht gesagt oder geschrieen wurde. Leider waren manche der Antifa-Parolen auch von viel Hass erfüllt. Die Nazis hingegen hatten sich zu einem Schweigemarsch verabredet, aus ihren Reihen kamen keine Parolen. Dafür zeigten ihre Transparente die übliche Naziideologie. „1944 – aliierter Bombenterror auf deutsche Städte“, „Gedenken, niemals vergeben“, o.ä. Natürlich waren die Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung auch Terror – doch ohne Hitlers Angriffskrieg und Völkermord im deutschen Namen hätte es wohl keine Bombenteppiche auf deutsche Städte gegeben. Auch Anwohner hatten Transparente aus ihren Fenstern gehängt, Graffiti waren gesprüht. Stark fand ich auch die „anatolische Antifa“, wie sich eine Gruppe von Türken und Deutschen nannte. Sie riefen nicht nur das obligatorische „Nazis raus“, sondern sangen auf die Meldodie von „Go West“ u.a. – „Kommt rüber, wenn ihr Deutsche seid“, „Ihr habt den Krieg verlorn, ihr habt den Krieg verlorn …“, „Ihr seht nicht arisch aus, ihr seht nicht arisch aus …“.
Am vormittag sah ich mir eine 1 ZKB in der Schlossermauerstraße im Handwerkerviertel an, ganz in der Nähe des Daucherhauses, wo 1528 eine illegale Täuferversammlung durch die Stadtwache ausgehoben wurde. Leider war sie recht klein, wirkte dunkel und kalt. Dann am Nachmittag 2 ZKB in Augsburg-Bärenkeller im Dachgeschoß, ganz hübsch und sonnig, doch zu viele schräge Wände – wo sollen meine Bücherregale hin?
In Augsburg-Kriegshaber eine andere 2 ZKB. Der Besitzer wohnt selbst da, hat anderen Stock an Studentinnen vermietet. „Meine“ Wohnung wurde gerade renoviert. Genug Platz für mich und gelegentlichen Besuch. Außer in KB gerade Wände, Abstellraum, Straßenbahn in der Nähe. Er fragt mich nach meinen Verhältnissen. Als ich ihm von meinem „kirchenhistorischen Projekt“ erzähle, wirkt er elektrisiert. Er ist auch Historiker, hätte fast mal promoviert … Es waren andere Bewerber da. Nach 17 Uhr will er mich zurückrufen.
Eine weitere Wohnung in Kriegshaber war gerade an einen Mohammed vermietet worden, bevor ich vorbeikam. Wieder eine andere hatte zwar 2 Zimmer, 1 davon aber nicht heizbar. Eine weitere Wohnung lag an einer Hauptverkehrsstraße, die sogar noch durch die Fenster hinten raus zu hören war.
Um 17 Uhr ruft mich der Historiker an und meint, er würde mir die Wohnung gerne vermieten. Hurrah – ich habe eine Wohnung. Gott seis gedankt! Die beste von allen besichtigten Wohnungen hab ich bekommen! Beim nächsten mal in Augsburg darf ich den Schlüssel abholen. Ab 1. April bin ich Augsburger Bürger!
28. Februar 2009 von Wolfgang