Hoş Geldiniz! Herzlich Willkommen! Willkommen zum Iftar, zum Fastenbrechen im Ramadan. So viele folgen dieser Einladung türkischer Vereine und der Stadt Augsburg am 7. August 2011, dass sie das geräumige Zelt auf dem Rathausplatz schnell füllen. Vorwiegend Muslime, aber auch viele Christen warten geduldig, bis es dunkel ist und nach einem Grußwort des Oberbürgermeisters und dem Ruf zum Gebet endlich Reis, Gemüse, Lammfleisch und Getränke gibt.
Fünf Männer stehen an der Essensausgabe vor dem Willkommenstransparent. Der ältere Mann in der Mitte hat seine Hände auf die Tabletts gelegt. Der im roten T-Shirt hält schon die Kelle zum Reisverteilen in der Hand. Er und die beiden in weißen T-Shirts tragen Gummihandschuhe, damit sie auch mit der Hand Essen ausschöpfen können. Alle warten gespannt, dass es losgeht. Drei klatschen gerade noch dem Grußwort des OB. Herzlich Willkommen, hatte der gesagt. Zum ersten Mal begeht ihr das Fastenbrechen in der Mitte der Stadt. Das ist auch euer Rathausplatz. Auch euer goldener Saal, wo zur Ehre Gottes später die Derwische tanzen.
Vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung fasten Muslime im Ramadan. Sie verzichten auf Essen und Trinken, Rauchen und Sex. Durch das islamische Mondjahr schiebt sich der Ramadan durch die Jahreszeiten. Augusttage sind lang und oft auch heiß. Das können schwere Fastentage sein.
Gemeinschaft, gemeinsames Essen und Trinken so endet jeder lange Fastentag. Ein Tag des Verzichts und der geistlichen Übung mündet in ein Festmahl. Nun essen alle miteinander: Erwachsene und Kinder, Frauen und Männer, Muslime und Christen, solche, die tagsüber gefastet, und solche, die das nicht getan haben.
Am Tag darauf kommen zum Augsburger Hohen Friedensfest tausend Menschen verschiedener Herkunft am Rathaus zusammen. An meinem Tisch sind wir eine Schweizerin, ein Türke, zwei Fränkinnen, zwei Augsburger, ein Pfälzer und sogar zwei Oberpfälzer. Ein Muslim, zwei Ex-Katholikinnen, drei Mennoniten, eine Reformierte und zwei Lutheraner teilen das mitgebrachte Essen, reden miteinander über ihr Leben und ihren Glauben. Ein Hauch des großen Festmahls im neuen Jerusalem liegt über der Stadt.
Wolfgang Krauß
Text und Foto sind unter der Rubrik „friedensfoto“ erschienen in BRÜCKE, Täuferisch-Mennonitische Gemeindezeitschrift Nr.5/2011, S. 48.
Infos über DIE BRÜCKE: www.mennoniten.de/bruecke.html
19. September 2011 von Wolfgang