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Hans Hut, Stich von Christoph van Sichem 1608

Heute vor  493 Jahren, also am 7.12.1527, wurde über Hans Hut in Augsburg zu Gericht gesessen. Das Gericht befand über die Schuld eines bereits Toten. Wegen Ketzerei und Aufruhr wird er zum Tod durch auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Das Urteil an seiner Leiche wird noch am selben Tag vollstreckt.

Womit hatte hatte er das verdient?

Womit hatte er das verdient? Was war geschehen? Schon seit 15.9.1527 lag Hut zusammen mit drei anderen religiösen Dissidenten gefangen im Augsburger Eisenhaus, heute Elias-Holl-Platz hinter dem Rathaus. Er gehörte zu den Augsburger Gartenbrüdern und -schwestern, auch Täufer oder Wiedertäufer genannt. Sie versammelten sich ohne Genehmigung der Obrigkeit in Häusern und Gärten und suchten miteinander den Weg der Nachfolge Jesu zu gehen. Solch selbstbestimmtes staatsfernes Kirchesein missfiel dem Stadtrat, zudem hatte es in Augsburg im August 1527 ein überregionales Treffen der Täuferbewegung gegeben. Das war nicht unbemerkt geblieben. Einige Tage vor dem 7.12.1527 hatte es in Hans Huts Zelle gebrannt. Am Nikolaustag war er an den Folgen der Rauchvergiftung gestorben. Aus den städtischen Quellen erfahren wir, er habe den Brand selbst gelegt, um im Durcheinander der Löscharbeiten fliehen zu können. Täuferische Geschichtsschreiber berichten, er sei in strengem Verhör gefoltert worden und man habe ihn bewusstlos ins Stroh gelegt. Ins Stroh sei auch eine Kerze gestellt worden.

Wer war Hans Hut?

Wer war Hans Hut? Geboren etwa 1490 in Haina, war er Mesner in Bibra, als reisender Buchhändler mit reformatorischen Schriften unterwegs. Ein Freund Thomas Müntzers und mit ihm dabei bei der Niederlage der Bauernbewegung in der Schlacht bei Frankenhausen 1525. Wie Tausende Bauern, Handwerker, Tagelöhner, Knechte und Mägde, viele Intellektuelle hatte er große Hoffnungen gesetzt auf die Bewegung der Bauern: politische Mitbestimmung, soziale Gerechtigkeit, religiöse Freiheit schienen möglich. Doch die Reaktion der Fürsten und ihre überlegene militärische Macht ließen alle demokratischen Hoffnungen und Träume platzen. Hans Hut stieß in Augsburg zur Täuferbewegung. Hier fand er eine Gemeinschaft, die seine Hoffnungen bewahrte. Bis zu 1000 Gartengeschwister soll es gegeben haben. Eine Minderheit unter vielleicht 30.000 Einwohnern. Für Hut der Anfang einer neuen Gesellschaft. Er machte Augsburg zum Ausgangspunkt seiner Reisen bis nach Mähren. Und überall predigte er die bevorstehende neue Welt, rief die Menschen zur Umkehr hin zum kommenden Reich Gottes. Die Enttäuschung über die Niederlage der Bauern verwandelte er in umso größere Erwartung des kommenden Tages des Herrn. Die Pfingsttage 1528 sollten die Entscheidung bringen. Dann würde der Herr wiederkommen und an der Spitze der Himmlischen Heerscharen Gerechtigkeit und Frieden bringen. Auch den Christen werde dabei das Schwert in die Hand gegeben und die Türken wären auch mit im Bunde. Anders als im Bauernkrieg solle man aber nicht selbst aktiv werden, sondern geduldig warten auf das himmlische Signal. Bis dahin sei gewaltlose Nachfolge Jesu angesagt.

Das Scheitern einer Vision

Hut erlebte das Scheitern seines Zeitplanes nicht. Der Augsburger Stadtrat und sein Sekretär Conrad Peutinger verstanden Huts eschatologische Vision als kaum verhüllte Pläne zu einem neuen Aufstand. Der  Bauernkrieg war erst 2 Jahre her. In zahlreichen Verhören mit verschiedenen Stufen der Folter wollten die Augsburger Richter ihm Details der Aufstandspläne entlocken. Hut besteht darauf, doch nur die Schrift ernst zu nehmen.

Auch wenn er sich im Zeitrahmen geirrt hat, Hans Hut und andere Täufer hatten eins begriffen: Eine andere Welt ist möglich. Sie waren empfänglich für diese Vision, weil sie in einer Welt der Ungerechtigkeit und der Leibeigenschaft hungerten nach Gerechtigkeit. Sie hatten, manche meinten kurz vor dem Ziel, ihre eigene Machtlosigkeit erfahren. Angesichts des Scheiterns der Bauernbewegung zogen sie den Schluss, nur Gott kann es schaffen.

Und wir heute? Nur Gott machen lassen?

Wie gehen wir heute angesichts der auf uns zukommenden Klimakatastrophe, des weltweiten Artensterbens und weiterhin vorhandener Bedrohung mit nuklearem Overkill mit den apokalyptischen Szenarien der Bibel um? In einer Predigt zu Jakobus 5, 1-11 „Haltet geduldig aus bis zur Ankunft des Herrn!  … Macht euer Herz stark, denn die Ankunft des Herrn steht nahe bevor“, hörte ich letzten Sonntag den Satz: „Wie immer wir uns das vorstellen.“ Ausdruck der Verlegenheit gegenüber diesem wichtigen Teil der Frohen Botschaft?

Flüchten wir uns in eschatologische Phantasien wie Hasn Hut? Was können uns die Zukunftsvisionen von der nahen Ankunft des Herrn heute sagen angesichts der sich zuspitzenden ökologischen Krise. Wie wird Gott heute gegenwärtig? Was hat das mit unserem Handeln als Christen und Kirche zu tun?  Sollten Gott und Mensch nicht zusammenarbeiten? Wie soll diese Zusammenarbeit aussehen in einer komplexen globalisierten Welt? Apokalypse heißt Enthüllung, Aufdecken, Demaskierung. Was will uns die Johannesapokalypse enthüllen, wenn wir sie nicht als Zeitplan lesen, sondern als Analyse des Imperium Romanum, einer globalisierten Welt vor 2000 Jahren?

Ein Loblied auf den Schöpfer und die Schöpfung von Hans Hut

Eine Gedenkveranstaltung 2016


Betreff: Friedensfest 2020 „Rituale“, Candomblé Ritual zur Eröffnungsfeier am 30.6.20

Augsburg, 15.7.2020. Als Vertreter der Augsburger Mennonitengemeinde in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen schrieb ich am 15.7.20 einen offenen Brief an Oberbürgermeiserin Eva Weber. Die anderen freikirchlichen Delegierten in die ACK unterstützten den Brief. Darin äußerten wir unser Befremden an der stark esoterischen Ausrichtung des von der Stadt Augsburg getragenen Friedensfestprogramms 2020. Das 1650 als Dankfest für das Ende des 30jährigen Krieges entstandene Augsburger Hohe Friedensfest scheint weit von seinem Ursprung entfernt. Damals wurden die Kirchenschlüssel an die Lutheraner zurückgegeben, die nun nicht mehr unter freiem Himmel Gottesdienst feiern mussten. Zwar war damit noch keine volle Religionsfreiheit verwirklicht, Reformierte, Täufer, Juden … hatten keinen paritätischen Status. Doch ein Anfang war gemacht.

Hier unser Brief an OB Weber im Wortlaut. Als Anlage dazu ein Bericht über den Eröffnungsabend.

 

Mennonitengemeinde Augsburg


Wolfgang Krauß

Vertreter der Freikirchen in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen am Runden Tisch der Religionen

www.mennonitengemeinde.de

Frau

Oberbürgermeisterin Eva Weber

Rathausplatz 1

86150 Augsburg

Augsburg, 15.7.2020

 

Offener Brief

 Betreff: Friedensfest 2020 „Rituale“, Candomblé Ritual zur Eröffnungsfeier am 30.6.20

Sehr geehrte Frau Weber,

ich schreibe Ihnen aufgrund meiner Eindrücke bei der Eröffnung des Friedensfestprogramms  im Annahof.

Anbei finden Sie einen Text, der mein Erleben, meine Gedanken und Gefühle zu dem dort zelebrierten Ritual der Candomblé-Religion schildert. Eine Rückfrage bei anderen Freikirchen bzw. deren Delegierten in der Augsburger Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) ergab, dass ich nicht der einzige bin, der diesen Auftakt kritisch sieht. Die freikirchlichen ACK-Delegierten, darunter auch mein Stellvertreter am Runden Tisch der Religionen, Klaus Engelmohr, unterstützen das Anliegen. Sie finden ihre Namen am Ende des Briefes.

Wir sehen im Augsburger Hohen Friedensfest ein wertvolles und unverzichtbares historisches Erbe. Wohl keine andere Stadt feiert seit 1650 den Frieden. Zuerst als evangelisch-lutherisches Dankfest, dass nach dreißig Jahren Krieg wieder in Frieden und in eigenen Kirchen evangelischer Gottesdienst gefeiert werden durfte. Dann als ökumenisches Fest. Inzwischen als multiethnisches Ereignis der ganzen vielfältig gewordenen Stadtgesellschaft, das aber doch von seinen Wurzeln her lebt.

Beim Durchblättern des Programmheftes wachsen jedoch unsere Fragezeichen:  Ein Gastbeitrag schildert das Ritual der „Kogi“ in der Sierra Nevada de Santa Marta: „von einer rituellen Priesterschaft beherrscht“ werden die Priesterkandidaten im Alter von drei Jahren von ihren Familien getrennt und achtzehn Jahre in Dunkelheit gehalten, „um an die neun Monate im Mutterleib zu erinnern. In all dieser Zeit existiert die Welt nur als Abstraktion, wahrend sie in die Werte ihrer Gesellschaft eingewiesen werden. Eine barocke Religiositat, die überwältigend ist.“ Programmheft 2020, S. 14. Der Autor distanziert sich NICHT von solch menschenverachtenden Praktiken. Dreijährige Kinder werden ihrer Kindheit, Familie und Jugend beraubt. Jede Entwicklung eigener Identität und Selbstbestimmung wird verhindert. Ein Beispiel, dass manche Kulte und ihre Rituale eben keine harmlose Folklore sind. Als gläubige Menschen sehen wir unsere Aufgabe nicht darin, Menschen in Finsternis zu halten, sondern Zeugen des Lichts zu sein.

Grafisch wird das Programmheft beherrscht von eigens für das Friedensfest gestalteten Orakel- oder Tarotkarten „weltlich, weiblich, humorvoll“. Dort heißt es: „Seit Jahrhunderten wenden sich Menschen mit ihren innersten Fragen an Orakel- oder Tarotkarten um Antworten zu bekommen“. S. 34. Die meisten der ganzseitigen Illustrationen im Programmheft stellen solche Orakelkarten dar: „Die Magierin“, S. 35 ; „Liebe Worte, S. 36; „Die Freiheit“, S. 47; „Die Schöpferin“, S.83;  „Dankbarkeit“, S. 94; „Wünsche“, S. 103; „Landart“, S. 108; „Der Blutsee“, S. 109. Sie künden von einer esoterischen Spiritualität, die Feuerbachs These vom selbstgemachten Gott (hier eher Göttin) eindrucksvoll bestätigt.

Ähnlich sehen wir die Verehrung der sagenumwobenen Augsburger „Göttin Cisa – Sie ist bei uns“, die in einer Kunstinstallation wiederbelebt werden soll. S. 76 . Oder dass in einem „Workshop für Magie und Rituale im Alltag“ ein „Zauberlehrling gesucht“ wird. S. 87.

Wir beobachten und beklagen eine Paganisierung des Friedensfestprogramms. Ritualkritik gehört für uns zum Kern des Christentums, ja wohl zum Kern jeder monotheistischen Religion. Die Propheten Israels protestierten gegen menschenverachtende Rituale und forderten stattdessen Gerechtigkeit für die Armen und an den Rand Gedrängten als „wahres Fasten“. Jesus reiht sich ein in diese prophetische Tradition. Sein Leben und sein Tod am Kreuz setzen nach Ansicht des Neuen Testaments und der frühen Kirche allen bisherigen Opferritualen ein Ende. Auch die prophetische Verkündigung des Islam ist dezidiert ritualkritisch. Dieser genuin aufklärerische religiöse Impetus der abrahamitischen Religionen richtet sich gegen die Anbetung menschengemachter Götter und die Rituale ihrer Verehrung.

Das Augsburger Hohe Friedensfest und seine Geschichte sind zu wertvoll, um sie in eine beliebige esoterische Religiosität münden zu lassen. Das Friedensfest hat sich in den letzten Jahrzehnten geöffnet und damit reagiert auf die multikulturelle Entwicklung der Stadtgesellschaft. Diese Öffnung soll nicht zurückgedreht werden. Es gilt vielmehr sie zu gestalten und orientiert am Gründungsereignis von 1650 und der daraus entstandenen Tradition zu entwickeln.

Krisenbedingt fällt die große Friedenstafel auf dem Rathausplatz dieses Jahr leider aus. Wir hoffen, dass  wir dort nächstes Jahr wieder miteinander den alles menschliche Denken übersteigenden Frieden Gottes feiern können, indem wir inmitten unserer vielfältigen Stadtgesellschaft Essen und Trinken teilen. In Toleranz und gegenseitigem Respekt möchten wir uns gegenseitig ein Zeugnis sein von der je eigenen Erfahrung von Wahrheit und Licht. Wir sehen in der Friedenstafel ein Vorzeichen des kommenden Gottesreiches, wo die Völker kommen von Ost und West, Süd und Nord und miteinander zu Tisch sitzen. Mt 13,29.

Seien Sie herzlich gegrüßt. Gott gebe Ihnen Kraft für Ihre vielfältigen Aufgaben!

Wolfgang Krauß, Mennonitengemeinde, ACK, Runder Tisch der Religionen

Pastor

 

Mitunterzeichner:

Dr. Bodo Danzfuß, Mennonitengemeinde, ACK

Pastor Michael Bitzer, Freie evangelische Gemeinde, Augsburg-Mitte, ACK

Pastor Klaus Engelmohr, Projekt X (Freie evangelische Gemeinde), ACK, Runder Tisch der Religionen

Christian Hafner, Evangelisch freikirchliche Gemeinde / Baptisten, ACK

Pastor Eric Hensel, Adventgemeinde, ACK

Urban Beck, Freie Christengemeinde Arche, ACK

Pastor Dr. Wolfgang Bay, Evangelisch-methodistische Kirche, ACK

 


Eröffnung am 30.6.20, Annahof

Zur Eröffnung des Friedensfestprogramms am 30.6.20 nehme ich Platz auf einem der in weitem Abstand vor der Sommerbühne im Annahof aufgestellten Stühle. Moment mal: Sitze ich hier zu „Ehren des Orixá Obulaie, des Gottes der Krankheit und der Heilung“? So steht es in der Überschrift des auf meinem Stuhl mit Texafilm fixierten Blattes. In diesem Selbstzeugnis des „Tempels Ile Obá Sileké (Haus des Königs der Wohlstand bringt), Berlin“ steht auch: „In der afrobrasilianischen Religion Candomblé gibt es – wie in den anderen monotheistischen Religionen – den Allmächtigen Schöpfer, hier mit Namen Olorum.“ Später ist von einem „Götter Pantheon“ die Rede, von den „Orixas … halb Mensch, halb Gott“. Zu den „anderen monotheistischen Religionen“ gehören wohl wir Christen verschiedener Konfession, Muslime, Juden und andere vom Augsburger Runden Tisch der Religionen, die wir zur Eröffnung des Friedensfestprogramms gekommen sind.

Hab ich Monotheismus bisher falsch verstanden? Es ist ja schon schwierig genug, Juden und Muslimen, (auch machen Christen) die Trinität als monotheistisches Konzept zu erklären. Ob das mit dem Pantheon des Candomblé gelingen wird?

Distanz ist geboten – Sommerbühne im Annahof

Der farbenfrohe Auftritt des „afro-brasilianischen Tanztheaters befremdet mich. Ist das nun Kunst oder Religion oder beides? Bin ich Zuschauer oder Teil des Rituals. Wenigstens werde ich nicht rituell mit Popcorn beworfen, wie ich schon befürchtet hatte. Was ist die Botschaft der „exotisch“ anmutenden Darbietung zur Eröffnung „unseres“ Augsburger Friedensfestprogramms? Warum geht Oberbürgermeisterin Eva Weber in ihrem Grußwort nur am Rande auf Anlass und Geschichte des Friedensfestes ein? Warum geschieht dieses Ritual ausgerechnet in der „guten Stube“ der Augsburger Evangelisch-Lutherischen-Kirche?

Ich sitze mit mehr als Corona-Distanz auf meinem Stuhl und memoriere das erste Gebot des Dekalogs vom Sinai: „Ich bin der EWIGE dein Gott, der dich aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Exodus 20, 2+3.

1683 wanderten die ersten Deutschen nach Nordamerika aus. Eine Gruppe von Mennoniten und Quäkern, dreizehn Familien, kamen von Krefeld nach Pennsylvania und gründeten bei Philadelphie  Germantown. Sie wurden hierzulande diskriminiert und durften ihren Glauben nicht frei leben. Fünf Jahre nach ihrer Ankunft formulierten sie den ersten schriftlich erhaltenen Protest gegen die Sklaverei in Amerika. Es ist dies Teil meiner eigenen Geschichte als Glied einer ehemals verfolgten Kirche. 1528 wurden meine Brüder und Schwestern auch aus Augsburg vertrieben.

So sympathisiere ich mit den von Afrika nach Brasilien in die Sklaverei verschleppten Afrikanern und ihrer lange verfolgten und unterdrückten Religion. Das heißt aber nicht, dass ich deren Ritualen und theologischen Inhalten unkritisch gegenüberstehe. Ist es überhaupt angemessen, dieses Ritual unbeteiligten Zuschauern so darzubieten? Ist das authentisch, was uns hier vorgeführt wird? Ich hätte Probleme damit, das Teilen von Brot und Wein als Schauspiel auf einer Bühne und außerhalb eines Gottesdienstes vorzuführen.

Ich verstehe die Gesänge und Schreie nicht. Die ethnologische Einführung von Christiane Lembert-Dobler lässt mich höchstens erahnen, um was es geht. Wenn schon ein solches Ritual auf der Bühne im Annahof, sollte es dann nicht auch ein Gespräch geben mit dem Candomblé-Priester, wo ich ihn nach den Inhalten seiner Religion fragen und Zweifel anmelden kann?

Im Anschluss spreche ich mit einigen Christen und Muslimen, die meisten haben es als ethnologisch interessante Vorführung wahrgenommen, aber durchaus mit zwiespältigen Gefühlen.

Ich nehme an, dass viele Christen in den Freikirchen, die ich am Runden Tisch vertrete, die Angelegenheit noch etwas drastischer sehen würden, als ich das tue.

Sollten wir in Augsburg nicht ganz grundsätzlich nachdenken, was es bedeutet, Friedensfest zu feiern und wie wir das tun wollen?

Wolfgang Krauß, Delegierter der Freikirchen in der ACK am Runden Tisch der Religionen     9.7.20


Als in Augsburg schon mal Gottesdienste verboten waren

Auch in Augsburg sind derzeit sämtliche Gottesdienste verboten. Die Augsburger Mennonitengemeinde hat sich wie andere Gemeinden ins Internet geflüchtet. Dort traf man sich nun auch via Zoom an Karfreitag und zum Ostergottesdienst. Ostern 1528 hatte dasselbe Datum wie Ostern 2020. Damals kamen hundert Täufer und Täuferinnen ins Haus der Susanna Daucher im Lechviertel. In aller Frühe wollten sie miteinander die Auferstehung Christi feiern. Die heutige Mennonitengemeinde erinnerte in ihrem online Ostergottesdienst an dieses Ereignis vor 492 Jahren. Gerne hätte die Gemeinde sich am Daucherhaus Ecke Hinterer Lech / Schleifergässchen getroffen und auch ökumenisch dazu eingeladen. Angesichts der gegenwärtigen Corona-Krise war das Treffen jedoch nur per Internet möglich.

 Vor 492 Jahren waren jedoch nicht alle Gottesdienste verboten. Die Reformation war in ihrem frühen Stadium. Die Anhänger Luthers, Zwinglis und immer noch auch die „Papisten“, also die Katholiken, durften sich in ihren jeweiligen Kirchen versammeln. Die Stadt finanzierte sogar die reformatorisch gesinnten Prediger. Doch die Versammlungen der Täufer verboten. Das war nicht nur in Augsburg so, sondern landauf, landab fast überall. In Augsburg hatte es allerdings 1526-27 eine Phase relativer Toleranz gegeben. Die Gartengeschwister, wie sie wegen ihrer Versammlungen sommers in Gärten genannt wurden, konnten anderthalb Jahre halb geduldet als Untergrundgemeinde existieren.

Am 12. April 1528 jedoch wurde die Repressionsschraube angezogen. Die Osterversammlung wurde von der Stadtwache gesprengt. Achtundachtzig  verbliebenen Teilnehmer verhaftet, die Auswärtigen gleich ausgewiesen, die Einheimischen (auch unter Folter) vehört. Drei mit glühenden Eisen die Backe gebrandmarkt, einer Frau die Zunge rausgeschnitten. Gegen Hans Leupold, Vorsteher der Gemeinde wird nach knapp zwei Wochen Haft und Verhören ein Urteil gefällt: Aus Gnaden soll er mit dem Schwert vom Leben zum Tod gerichtet werden. Als es ihm vor dem Rathaus verlesen wird, ruft er mit lauter Stimme: „Nicht also Ihr Herren von Augsburg, sondern aus dem Tod zum Leben!“ Noch am selben Tag, dem 25.4.1528, wird er enthauptet.

Die Erinnerung an dieses Geschehen am Ostersonntag mit demselben Datum 1528 und 2020 hätte der Auftakt sein können zur Augsburger Eröffnung der geplanten Halbdekade „Gewagt! 2020-2025, Erinnerung an 500 Jahre Täuferbewegung“. In den nächsten fünf Jahren soll sie vorbereiten auf das Jahr 2025, 500 Jahre Täuferbewegung. Die Halbdekade wird getragen von der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG), dem baptistischen Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK). Im Laufe des Jahres 2020 wird es hoffentlich Gelegenheit geben „Gewagt! 2020-2025“ zu eröffnen.

Gewagt! 2020-2025, 500 Jahre Täuferbewegung www.taeuferbewegung2025.de

Osteransprache12.4.2020


… da höre ich gerade, Hölderlin ist im türkisch-griechischen Grenzgebiet gesehen worden.          Hölderlin, Elegien dichtend, im Tränengas.

Marcel Beyer

Marcel Beyer lebt in Dresden. Im August erscheint sein neuer Gedichtband „Dämonenräumdienst“ im Suhrkamp Verlag.

Süddeutsche Zeitung 20.3.20, S. 12, Zu Hölderlins 250. Geburtstag


… oder auch an anderen Tagen bin ich seit Februar 2019, also mehr als einem Jahr dabei, wenn junge Menschen und inzwischen Leute aus allen Generationen für die Einhaltung der Klimaziele demonstrieren. Ich gehe nicht mehr zur Schule, bin weitgehend freiberuflich tätig und meine Teilzeitstelle will ich nicht bestreiken. Ich bin also in meiner Freizeit fürs Klima unterwegs. Das ganze Jahr über hab ich allerdings gar nichts dazu auf wolfgangsnotizen.de gestellt. Warum? Weiß ich selber nicht. – Aber soviel weiß ich: So viele Menschen unterwegs, einmal sogar 7.000! dann mal nur 200. Gemeinsam engagiert und phantasievoll im Einsatz für eine lebenswerte Zukunft und gegen die weitere Zerstörung des Planeten. So viele – nicht nur in Augsburg, sondern weltweit – ich war selbst bei der europaweiten Demo in Augsburg – solidarisch untereinander und mit allen lebenden Wesen. So friedlich, so bunt, so lebendig, so laut, so ernsthaft und doch hoffnungsvoll.

Auch an meiner früheren Wohnung am Ulrichsplatz gings vorbei

Eine meiner Schwiegertöchter fragte mich kürzlich zum Geburtstag: Was hat dich im vergangenen Jahr am meisten lebendig gemacht? Ich musste nicht lange überlegen: Meine Teilnahme an den Aktionen und Demos von Fridays for Fure. Oft sind mir die Tränen gekommen, wenn ich mit FFF unterwegs war: Vor Trauer über das Ausmaß der Zertörung der guten Schöpfung noch immer jeden Tag, jede Stunde. Vor Rührung über die jungen Leute, Schulkinder und Jugendliche die sich aufmachen, Sanktionen nicht scheuen, zum Streik für die Zukunft. Vor Freude und Glück, ein Teil davon zu sein.

 

 

Hier und heute mal einige Fotos von der vorläufig letzten Augsburger Demo mit etwa 3.000 Leuten. FFF Augsburg hört vorläufig auf mit Großveranstaltungen. Zu viel Kraft hat dieses Jahr gekostet. Aber so viel wurde gelernt, Organisieren, Öffentlichkeit herstellen, Mobilisieren, Themensetzen, Veränderungen anstoßen … Es wird weitergehen.

 

 

Ausnahmsweise ein Rat an FFF

Ähnlichkeiten mit früheren Bewegungen nicht zufällig

 


Hans Hut, 1490 – Augsburg 6.12.1527

Heute vor 492 Jahren, am 6.12.1527 starb der Täuferprediger Hans Hut im Eisenhaus, dem damaligen Gefängnis hinter dem Augsburger Rathaus (heute Elias-Holl-Platz). Todesursache Rauchvergiftung nach einem rätselhaften Brand in seiner Zelle. Aus den städtischen Quellen erfahren wir, er habe den Brand selbst gelegt, um im Durcheinander der Löscharbeiten fliehen zu können. Ein täuferisches Geschichtsbuch berichtet, er sei bei strengem Verhör gefoltert worden und man habe ihn bewusstlos ins Stroh gelegt. Ins Stroh sei auch eine Kerze gestellt worden. – In einer makabren Gerichtsverhandlung wird über seine Leiche Gericht gehalten. Wegen Ketzerei und Aufruhr wird er zum Tod durch Verbrennen verurteilt. Am 7.12.1527 wird das Urteil auf dem Scheiterhaufen vollstreckt. Vor drei Jahren gab es eine kleine Gedenkveranstaltung auf dem Elias-Holl-Platz. Heuer nur diesen Blog-Artikel. Doch nächstes Jahr startet die Halbdekade „Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 2020-2025“. In deren Rahmen soll auch Hans Hut Raum finden, einen Raum den er und andere dissidentische Christen damals in Augsburg nicht fanden.

Mehr über die „Andere Refomation in Augsburg“ unter http://www.wolfgangsnotizen.de/?p=1443  Hans Hut wird ein zwölfstrophiges Lied zugeschrieben. „O allmächt’ger Herr und Gott“ ist ein ein Lob des Schöpfers für seine Schöpfung. In Stophe 6 spricht Hut das Thema „Bewahrung der Schöpfung“ an. Ich (und wohl auch die akademische Theologie) habe das erst in den 1980ern als zentrales theologisches Thema wahrgenommen. Hut singt davon schon im 16. Jahrhundert! Klug doppeldeutig lässt er offen, wer sich darum zu kümmern hat: Gott oder der Mensch.

Dein Wille ist uns offenbar,

die Wahrheit leuchtet hell und klar

in allen Kreaturen.

Gott hat uns auserkoren,

dazu auch neu geboren.

Die Werke Gottes sind überall

Auf hohem Berg, im tiefen Tal

auch in den eb’nen Feldern

Die Vögel in den Wäldern

tun uns die Wahrheit melden.

 

Ein jedes Werk preist unsern Gott,

weil er’s so gut erschaffen hat.

Der Mensch tut’s aber zerbrechen,

der Wahrheit widersprechen.

Gott wird es an ihm rächen.

 

Die Werke Gottes sind wunderbar,

in rechter Ordnung immerdar.

Die soll der Mensch erfahren,

Gott will’s uns offenbaren,

er soll sie auch bewahren.


alle jahre

 

stille nacht

schreit es

alle jahre

wieder

auf allen plätzen

und plätzchen

 

und das wort ward fleisch

und wohnte unter uns

bratwurst

nürnberger

und thüringer art

 

und der wein

glüht in der finsternis

und hat sie nicht erhellt

 

die

heilige

stille

gute nacht

 

wk, 1.12.08 / 9.12.08 / 11.12.08 / 10.1.15

 


Pilgram Marpeck, Wasseringenieur und Täufertheologe, legte erste Hausanschlüsse

Am 7.7.19 stimmte das Weltkulturerbekomitee der UNESCO auf seiner turnusgemäßen Sitzung im aserbeidschanischen Baku für den Antrag der Stadt Augsburg auf Anerkennung ihrer historischen Wasserwirtschaft als Weltkulturerbe. Damit gehört Augsburg zu derzeit 1.112 Weltkulturerbestätten weltweit, davon 43 in Deutschland.

Schon die Römer bauten an ihrem günstig zwischen den Flüssen Lech und Wertach gelegenen Stützpunkt erste Wasserleitungen. In der frühen Neuzeit war die in Augsburg praktizierte Trennung von Abwasser, Brauch- und Trinkwasser vorbildlich. Die zahlreich im Handwerkervierel angelegten Kanäle stellten Wasserkraft für die dortigen Betriebe zur Verfügung und ermöglichten den Beginn der Industrialisierung noch vor Erfindung der Dampfmaschine. Aus heutiger Sicht besonders interessant: Wasserkraft ermöglichte in Augsburg eine ökologisch nachhaltige Energienutzung ohne CO² Ausstoß. Das könnte durchaus Anstöße enthalten für die heute notwendige Abkehr von der Ausbeutung fossiler Ernergieträger.

Rathausplatz Augsburg mit Augustusbrunnen, Teil des Wassersystems

Im Laufe der fast zehnjährigen Vorbereitung von den ersten Überlegungen über die Antragstellung bis zur jetzigen Entscheidung der UNESCO wurde in Augsburg zunehmend auch der wichtige Anteil eines frühneuzeitlichen Bergbau- und Wasseringenieurs deutlich, der in den städtischen Dokumenten zu Lebzeiten fast nur als Meister Pilgram auftaucht, wohl um seine genaue Identität zu verschleiern. Als religiöser Dissident zu vielen Ortswechseln gezwungen, fand er in Augsburg schließlich Ruhe für das letzte Jahrzehnt seines Lebens, 1544 bis 1556. Pilgram Marpeck, um 1495 in Rattenberg am Inn geboren, war ursprünglich Bergrichter, d.h. Bergbauingenieur, in Rattenberg am Inn. Dort kam er in Berührung mit der Reformation und schloss sich der Täuferbewegung an. So musste er 1528 seine Heimatstadt verlassen, als die Täufer dort verfolgt wurden. Weitere Stationen waren u.a. Straßburg, St. Gallen und schließlich Augsburg.

Marpecks Wohn- und Arbeitsort: Die Wassertürme am Roten Tor

Marpecks Anwesenheit in Augsburg war ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Die Stadt profitierte von seinen technischen Fähigkeiten als Fachmann für Wasserwirtschaft und duldete dafür stillschweigend nicht nur seine dissidentische Theologie und Praxis, sondern auch die von ihm geleitete täuferische Gemeinde. Anderthalb Jahrzehnte zuvor war eine ansehnliche Minderheit von etwa 1000 Täuferinnen und Täufern noch kriminalisiert und vertrieben worden, einer ihrer Prediger sogar hingerichtet.

Tagsüber arbeitete Marpeck als Wasseringenieur, nachts als Theologe, heißt es in einer in USA erschienenen Biografie. Marpeck verfasste theologische Schriften zu den Kernanliegen der Täuferbewegung: Taufe, Abendmahl, Gewaltfreiheit, das Verhältnis von Staat und Kirche, Gemeinde in der Nachfolge Jesu … Er stellte sich der Auseinandersetzung mit anderen reformatorischen Strömungenen, etwa mit den auch in Augsburg vertretenen Schwenckfeldern um den Spiritualisten Kaspar Schwenckfeld. Auch führte er einen ausgedehnten Briefwechsel und unternahm zahlreiche Reisen zu verschiedenen Gruppen der Täuferbewegung. Einig war man sich zwischen den auseinanderstrebenden Flügeln oft nur in der Ablehnung der Säuglingstaufe. Marpeck wollte in theologischen Grundfragen vermitteln oder wenigstens eine geschwisterliche Koexistenz bei fortbestehenden Meinungs-verschiedenheiten erreichen.

Augsburg feiert das Weltkulturerbe mit mobilem Wasserausschank

Als einer der überlieferten Wohnorte Pilgram Marpecks und seiner Frau Anna gelten die Wassertürme am Roten Tor, eine der zweiundzwanzig jetzt zum Welterbe erhobenen Stationen des Augsburger Wassersytems. Zu den Leistungen Marpecks gehören Erneuerung und Ausbau des dortigen Brunnenwerkes, sowie die Erweiterung des Leitungsnetzes als Infrastruktur für die weltweit ersten Hausanschlüsse. Auch war er für die Flößerei auf dem Lech zuständig. Holznachschub brauchte es auch für die hölzernen Wasserleitungen.

Bei der großen Ausstellung „Wasser – Kunst – Augsburg“ 2018 im Maximilianmuseum wurde Marpecks Rolle als Stadtwerkmeister angemessen gewürdigt und eine im Stadtarchiv aufgefundene Handschrift ausgestellt, die als sein Testament bezeichnet werden könnte. Einige Monate vor seinem Tod gibt er darin, leider ohne technische Details, eine Art Gebrauchsanweisung für das Wassersystem und ermahnt die Stadt, immer genug Spezialisten für dessen Betrieb auszubilden.

Trotz gegenseitiger Rücksicht blieben Konflikte mit der Stadt nicht aus: 1553 wird Marpeck wegen geheimer Lehrtätigkeit verwarnt, 1544 ganz zu Beginn seiner Zeit in Augsburg wird ihm gar Verbannung angedroht. Am 8.7.1546 zu Beginn des Schmakaldischen Krieges verweigern sechs seiner Gemeindeglieder den bewaffneten Wachdienst auf der Stadtbefestigung. Sie werden am 29.7.1546 ausgewiesen. Doch bis zu seinem Tod bleibt Marpeck in städtischem Dienst und Sold. Manche Forscher vermuten, Anna Marpeck habe als Hebamme gearbeitet. Pilgram Marpeck stirbt im Unterschied zu vielen anderen Täufern 1556 eines natürlichen Todes.

Für die Inititative „Die andere Reformation“, die das Ziel verfolgt, die Täuferbewegung im heutigen Stadtbild wieder sichtbar zu machen, erklärte Wolfgang Krauß, er freue sich über die neue Rolle Augsburgs als anerkannte Trägerin des Weltkulturerbes. Es gelte dabei, nicht nur auf die technischen Leistungen abzuheben, sondern auch die sozialhistorischen Bedingungen dafür herauszuarbeiten. Das lasse sich bei der Person Marpecks anschaulich aufzeigen, sei aber bisher kaum geschehen oder zumindest nicht öffentlich kommuniziert; als greife die althergebrachte „damnatio memoriae“, das bewusste Vergessenmachen unbequemer Minderheiten, noch immer. Die neue Offenheit könne genutzt werden, Marpeck und seine Rolle als Wasseringenieur und Theologe zu würdigen. Etwa durch eine Gedenktafel an den Wassertürmen am Roten Tor oder durch Benennung einer Pilgram-Marpeck-Straße. Zu Augsburgs Kulturerbe gehöre auch seine bisher kaum wahrgenommene Relevanz als Entstehungsort von Freikirche in der frühen Neuzeit.

 


Die andere Reformation

Veranstaltungen im Rahmen des Kulturprogramms

Seit 1650 feiert Augsburg am 8. August sein Hohes Friedensfest. Diesmal ist es ein Donnerstag. Beginn um 10 Uhr mit Ökumenischem Gottesdienst. Danach treffen sich über 1000 Menschen aus vielen Nationen zur Friedenstafel auf dem Rathausplatz. Das Thema 2019 heißt „Freiheit“. Wichtige Anstöße dazu kamen aus der freikirchlichen Bewegung. Ab 24.7.19 läuft das Rahmenprogramm, auch mit Beiträgen der „Anderen Reformation.

Wie wär’s mit einer Reise in die Friedensstadt?

Von Freiheit singen

Freiheitslieder und Texte vom 16. Jahrhundert bis heute

Volker Gallé, Worms, Gitarre und Gesang; Wolfgang Krauß, Moderation

Freitag 2.8.19, 19.30 Uhr, Café Neruda, Alte Gasse 7

 Veranstalter: Die andere Reformation; Eintritt frei

Vor Buchdruck und Internet verbreiteten soziale Bewegungen ihre Botschaft durch Lieder. Reim, Rhythmus und Melodie halfen Freiheitserklärungen erinnern. Gemeinsames Singen stärkte 1525 das bäuerliche Freiheitsstreben gegen die Mächtigen. Die Revolutionen von 1848 und 1918 hatten kämpferische Lieder. Protestsongs stärkten die 1968er. Wie die antikolonialen Freiheitsbewegungen des globalen Südens oder die Anti-Atombewegung nehmen heute die Lieder der Freitagsproteste singend ihre Ziele vorweg.

Spuren der Freiheit

Freiheitsbewegungen in Augsburg

Stadtführung mit Wolfgang Krauß, Veranstalter: Die andere Reformation

 Sa 3.8.19,  Di 6.8.19, 11 Uhr, Treffpunkt: Rathaus Haupteingang, 10 €

Augsburg, 6. August 1524. Mehr als 1000 unzufriedene Frauen und Männer drängen sich vor dem Rathaus. Sie verlangen die Rückkehr des Barfüßerpredigers Johann Schilling. Wegen „aufrührerischer Predigten“ hatte der Rat ihn der Stadt verwiesen. Dabei hatte er doch nur über das Lukasevangelium gepredigt: „Gott stößt die Mächtigen vom Thron und erhebt die Niedrigen.“ Schilling wird zurückgeholt. Jakob Fugger flieht aus der Stadt. Verdächtige werden verhaftet, zwei „Rädelsführer“ hingerichtet. 1525 fordern die bäuerlichen Haufen Freiheit, 1526 finden sich Schillingleute unter den täuferischen Gartengeschwistern. – Die Stadtführung folgt den Spuren der Niedrigen und Hungrigen im „goldenen Augsburg“.

Wege zur Freiheit

Wie religiöse Dissidenten zur Entwicklung von Menschenrechten und freiheitlicher Demokratie beitrugen

Prof. Dr. Dr. Martin Rothkegel, Berlin

Vortrag und Gespräch, Eintritt frei

Di 6.8.19, 19.30, Ulrichsstadel, Ulrichsgasse 3, 86150 Augsburg

 Veranstalter: Die andere Reformation, Augsburg

 Mitveranstalter: Adventgemeinde, Evangelisch Freikirchliche Gemeinde (Baptisten), Evangelisch methodistische Kirche, Freie Christengemeinde Arche, Freie evangelische Gemeinde Augsburg-Mitte, Mennonitengemeinde, projekt X, Vineyard Gemeinde

Religionsfreiheit, Menschenrechte – dafür engagierten sich, anders als die Staatskirchen, die dissidentische Täuferbewegung oder der aus dem englischen Nonkonformismus entstandene Baptismus. 1636 gründete der baptistische Theologe Roger Williams die religiös neutrale Republik Providence, später Teil von Rhode Island. Als weltweit erstes Gemeinwesen nannte sie ihre Regierungsform „demokratisch“. Die erste deutsche Auswanderergruppe nach Nordamerika, dreizehn mennonitische und quäkerische Familien aus Krefeld, formulierte 1688 den frühesten Protest gegen die Sklaverei. Der Vortrag verfolgt weitere unbekannte Wurzeln heutiger Freiheitsrechte.

Martin Rothkegel lehrt Kirchengeschichte am Theologischen Seminar  der  Evangelisch Freikirchlichen Gemeinden (Baptisten) in Elstal bei Berlin.

Programmheft hier: www.friedensstadt-augsburg.de/sites/default/files/downloads/AHF19_programm_produktion_screen_0.pdf

Die andere Reformation, Wolfgang Krauß, Augsburg, wolf@loewe-und-lamm.de, www.wolfgangsnotizen.de

 


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